Wer durch die Mauterhöhung C02 einsparen möchte, kann auch die Straßenbahn bitten, ihn direkt vor der Haustür abzusetzen

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Standpunkt der Transportunion zur Erhöhung der LKW-Maut

Zusammenfassung

  1. Die Mauterhöhung wird den CO2-Ausstoß im Verkehr nicht beeinflussen
  2. Die Mauterhöhung wird auch mittelfristig keinen Einfluss auf die Anschaffung alternativ angetriebener LKW haben
  3. Die zusätzlichen Kosten durch die Mauterhöhung können alleine aus sachlogischen Gründen nicht auf die Auftraggeber umgelegt werden
  4. Die Mauterhöhung, die den Bürgern als Gewinn verkauft wird, belastet Geringverdiener überproportional

Standpunkt


In der Transportunion haben sich über 30 Transportunternehmen aus dem Dreieck Köln-Bonn-Troisdorf zusammengeschlossen. Mit insgesamt über 1.000 Beschäftigten und mehr als 600 LKW bewegen wir das Rheinland: Vom Bundesbüdchen bis zum Windrad. Als wirtschaftlich starke Unternehmen fühlen wir uns unserer Region und unserer Umwelt in besonderem Maße verpflichtet. Umwelt- und Klimaschutz liegen uns genauso am Herzen wie die Förderung unseres Städtedreiecks.


Wenn unser Land  in den letzten 20 Jahren von den hohen Einnahmen aus Steuern, Abgaben und später der LKW-Maut sichtbar profitiert hätte, gäbe es heute keine Diskussion über die LKW-Maut. Aber täglich zu sehen, daß unsere Infrastruktur nicht nur marode ist, sondern trotz Rekordeinnahmen weiter verfällt, ist schwer zu ertragen.

Die politische Diskussion, und auch die Berichterstattung zu der Mauterhöhung, beobachten wir deshalb sehr genau. Uns verblüfft die kognitive Dissonanz, der Selbstwiderspruch:


Politiker verkaufen uns als Gewinn, daß der kleine Mann in wenigen Monaten die höchsten Logistikaufschläge Europas auf seinen Einkauf bezahlen wird. Mautbedingte Aufschläge, die natürlich Geringverdiener überproportional belasten.


Aber genauso wenig wie das Klima „neutral“ sein kann, wird die Mauterhöhung zu einer Änderung der Emissionen führen. Ändern wird sich höchstens die Anzahl der ausländischen Kennzeichen auf unseren Autobahnen. Montiert an LKW und Zugmaschinen, deren Umwelt- und Sicherheitsstandards sich immer mehr von unserer Ausstattung unterscheidet. Oft gelenkt von Fahrern, die Stundenlöhne im einstelligen Eurobereich erhalten, bereinigt um die zukünftigen Mautkosten. Wenn sie denn überhaupt einen Lohn erhalten.

So lange die Politik bei der illegalen Kabotage wegschaut und illegale Transporte zulässt, führt jede Preiserhöhung auf der Straße nur zu einer Verschiebung der Wertschöpfung ins Ausland. Dem Packstück ist es egal, ob es von einem LKW mit Kölner oder Bonner Kennzeichen transportiert wurde. Oder einem aus Riga, Sofia oder Ankara. Dem Spediteur, der den Transport lediglich organisiert, im Allgemeinen auch. Lediglich die Kämmerer aus den Kommunen dürften bald merken, daß nur Transportunternehmen mit Sitz in der Region auch Steuern und Abgaben in der Region zahlen.


Hören wir die Vorschläge, Innenstädte mit dem Lastenrad zu versorgen, oder alles auf die Schiene zu bringen, denken wir gerne an den Philosophen Georg Hegel. Was er über Ideologien sagt, gilt hier frei auch für Teile der Verkehrspolitik: Wenn die Wirklichkeit mit der Ideologie kollidiert, umso schlimmer für die Wirklichkeit.

In einem einzigen Kaufhaus, an einem einzigen Samstag, werden rund 40 Tonnen Güter gekauft – und aus diesem herausgetragen. Diese müssen zuvor auch in das Kaufhaus gebracht werden. Unsere Innenstädte zeichnen sich noch durch Vielfalt aus – wir haben weit mehr als ein einziges Kaufhaus. Eine Belieferung per Lastenrad würde in Köln unter anderem den Abriss des Kölner Doms erfordern, um die Schneisen für die vielen Lastenradwege in die Schildergasse und Hohestraße für das tägliche Radvolumen zu schlagen. Und ebenso wie die KVB mit ihren Straßenbahnen an der Auslastungsgrenze ist (oder diese überschreitet), gibt es für die nächsten Monate so gut wie keine freien Zeitslots um Güter auf der Schiene zu transportieren. Denjenigen, die dann glauben, man könne diese kleine Unlogik der Mauterhöhung schnell durch den Bau neuer Schienen auffangen, empfehlen wir einen Blick in die CO2-Statistik Gleisbau zu werfen. Und den Realitätscheck in der Straßenbahn zu machen: Bitten Sie den Fahrer, Sie direkt zu Hause abzusetzen. 

Die Antwort des Straßenbahnfahrers würde sich übrigens nicht ändern, selbst wenn eine Fußgängermaut eingeführt oder um 83% erhöht würde.


Bereits seit Jahren beschäftigen wir uns mit nachhaltiger Mobilität. Nur Freitags nicht in die Schule zu gehen war unseren Mitarbeitern und Inhabern zu wenig. Batterieelektrisch getriebene Nutzfahrzeuge sind Teil unserer Flotte und die ersten brennstoffzellengetriebenen LKW sind wichtiger Teil unserer Planung. Während die batterieelektrisch betriebenen Fahrzeuge aufgrund ihrer geringen Reichweite innerstädtisch eingesetzt werden, also ohnehin so gut wie keine mautpflichtigen Strecken befahren können, steht uns beim Wasserstoffantrieb für den mautpflichtigen Fernverkehr die Politik im Weg. Sie können brennstoffgetriebene LKW, deren Anschaffungskosten fünfmal so hoch sind wie die eine konventionellen Fahrzeugs, nur bei hoher politischer Planungssicherheit einsetzen. Diese gibt es aber spätestens seit der letzten Bundestagswahl nicht mehr: Zusagen für Förderprogramme aus dem Kabinett Merkel werden nicht gehalten, Planungen verschoben, politische Argumente durch Emotionen ersetzt. Im Förderprogramm De-Minimis wurden für kleine Unternehmen wichtige Kategorien wie die Arbeitskleidung und Ladungssicherung von der Bezuschussung ausgeschlossen, im für die alternativen LKW-Antriebe notwendigen Förderprogramm KSnI wartet man vergeblich auf den nächsten Förderaufruf. Das Argument, die Mauterhöhung fördert die Nutzung alternativer Antriebe, hinkt.


Diese Politik, die sich Sorgen über die Effizienz von eFuels im Güterkraftverkehr macht, aber überall noch Faxe in den Behörden nutzt, tröstet die Transportunternehmen nun damit, daß die Maut ja weiterberechnet werden könne. Selbst wenn das der Fall wäre, gilt dies nur für Lastkilometer. Rund ein Viertel der Mautkilometer resultiert aber aus Leertouren: Die Entladestelle liegt selten direkt neben der nächsten Beladestelle, wie es uns Politiker in Talkshows erklären. Und auch als Laie ist schnell verständlich, daß ein Milchfahrzeug keine Rückladung aus der Molkerei oder der Betonmischer von der Baustelle nicht Fenster zurücknehmen kann.

Bei einer Kostenstruktur, bei der rund ein Drittel der Gesamtkosten auf die variablen und abgabenbelasteten Kosten Maut und Diesel entfallen – und einer Umsatzrendite von oft weniger als 2% -, sind alleine die zusätzlichen 83% Mautaufschlag für die Leertouren ein existenzielles Risiko. Auch das Argument der Maut als durchlaufender Posten, der keine Auswirkung auf den Ertrag eines Frachtführers hat, ist Unsinn.


Wie gesagt, bei der Berichterstattung und der Diskussion um die Mauterhöhung müssen wir oft an den Philosophen Hegel denken: Wenn die Wirklichkeit mit der Ideologie kollidiert, umso schlimmer für die Wirklichkeit.

Daniel M. Giel, Sprecher der Transportunion e.V.

Geschäftsführender Geschäftsführer der Speditionsexperten

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